Stellungnahme zum Arbeitsruhegesetz

Demo 30.06.2018 © ksoe

Als Allianz für den freien Sonntag Österreich haben wir immer betont, dass es notwendige Arbeiten gibt, die auch an Sonntagen getan werden müssen. Dazu zählen insbesondere das Gesundheitswesen, Pflege, Energieversorgung, Sicherheit oder öffentlicher Verkehr.

Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe gibt es in Österreich an der Zahl – nicht nur in den genannten gesellschaftlich notwendigen Bereichen, sondern  auch für Gastronomie oder Tourismus. Ausnahmen sollten daher klar begrenzt bleiben. Auch Sie (Anm.: ÖVP und FPÖ) haben uns immer wieder versichert, dass der arbeitsfreie Sonntag geschützt gehört.Mit Ihrem Gesetzesentwurf verlassen Sie diesen Weg und machen eine Schleuse auf, sodass Sonntags- bzw. Feiertagsarbeit zur Normalität im Leben einer Arbeitnehmerin bzw. eines Arbeitnehmers, derer Familien und in der Gesellschaft werden: an bis zu vier Tagen im Jahr. Doch das hätte weitreichende Konsequenzen.

Der arbeitsfreie Sonntag stellte und stellt eine fixe Konstante dar: Familien können Unternehmungen planen, Eltern haben Zeit für ihre Kinder, es ist Zeit zum gemeinsamen Feiern, für das Vereinsleben und in Gemeinschaft mit anderen. Der einzelnen Person gibt der freie Sonntag einen Rhythmus, der zur Gesundheit wesentlich beiträgt. Das funktioniert dann, wenn man an 52 Sonntagen plus an den Feiertagen einmal nicht flexibel sein muss. Daher liegt die Betonung auf dem Wert der „gemeinsamen freien Zeit“ bzw. der „synchronisierten Zeit“, die mit Sonn- und Feiertagen verbunden ist. Durch diese Regelmäßigkeit und Synchronisierung entstehen Freiheit und Zeitwohlstand in der Gesellschaft. Der freie Sonntag ist eine soziale und wirtschaftliche Errungenschaft, die nun in Frage gestellt wird.

Ihr Vorhaben schneidet tief in das gesellschaftliche Gefüge ein und verändert die soziale Balance. Nicht vor Sonn- und Feiertagen halt zu machen und auch diese zu „flexibilisieren“, bedeutet, das Leben und die Menschen an die Bedürfnisse der „Märkte“ anzupassen anstatt umgekehrt, die Wirtschaft in den Dienst des Menschen zu stellen.

Bitte beachten Sie insbesondere die zeitlichen Bedürfnisse von Familien (gerade in der „rush-hour“ des Lebens), die Rechte der Kinder auf Familienleben, den Schutz der ArbeitnehmerInnen, die zeitlichen Erfordernisse des Vereinslebens, die berechtigten Wünsche der Menschen nach mehr Zeitsouveränität und damit Zeitwohlstand. Die geplante Änderung würde beispielsweise bedeuten, bis zu drei Wochenenden hintereinander zu arbeiten oder auch bis zu 12 Tage durchzuarbeiten.

Feiertage würden zu potenziellen Werktagen. Es würde bedeuten, auch am Weihnachtstag, am Ostermontag genauso wie an den Feiertagen, die auf einen Donnerstag fallen, herangezogen werden zu können – wenn das Gesetz kommt, wie der Initiativantrag jetzt formuliert ist.

Die berechtigten Interessen vieler Menschen und unserer Mitgliedsorganisationen an einem regelmäßigen, planbaren und freien Sonntag bleiben bei Ihrem Vorhaben unberücksichtigt.

Sie machen mit diesem Gesetz Sonntage und Feiertage zum Tauschobjekt und verhandelbar: auf Betriebsebene oder auch durch einzelne Vereinbarungen. Ein absolutes Ablehnungsrecht existiert nicht. Die freien Sonn- und Feiertage dürfen nicht verhandelbar werden und müssen garantiert bleiben.

Ausgenommen von den Änderungen sollen Verkaufstätigkeiten sein. Doch bedeutet dies keinen Schutz von ArbeitnehmerInnen im Handel, das wissen Sie. Als Allianz für den freien Sonntag Österreich gehen wir von einem möglichen Dominoeffekt aus: Wenn in einem nächsten Schritt das Öffnungszeitengesetz geändert wird, haben wir im ganzen Handel Sonntagsarbeit. Der Handel ist aber ein zentraler Taktgeber für das ganze Wirtschaftsgefüge. Es besteht außerdem das Risiko, dass der Verfassungsgerichtshof die Regelung des §12b Absatz 2 (und die bezughabenden Bestimmungen des Öffnungszeitengesetzes) als verfassungswidrig aufheben könnte.

Im Übrigen wird auf die Stellungnahmen der Österreichischen Bischofskonferenz  und der Arbeiterkammer verwiesen.

Die Allianz für den freien Sonntag Österreichs fordert Sie zu einem entschiedenen Bekenntnis zum Schutz des arbeitsfreien Sonntags auf. Der arbeitsfreie Sonntag schafft Lebensqualität durch gemeinsame freie Zeit! Bitte prüfen Sie unsere Argumente und Anliegen und ziehen Sie daraus die Konsequenzen!

Allianz für den freien Sonntag Österreich (koordiniert von der ksoe)

Wien, am 29.6.2018

Links

Presseaussendung der Allianz für den freien Sonntag Österreich (2.7.), der ergänzend auf den Änderungsantrag der Bundesregierung eingeht.

12-Stunden-Tag: Faktencheck zum Abänderungsantrag (Arbeiterkammer)

Neues Dossier von ksoe und Allianz für den freien Sonntag Österreich „zeitsouverän oder flexibel?“ (01/2018)