Die erste Bundeskanzlerin Österreichs hat viel dafür getan, um als erste Frau an die Spitze einer Regierung gestellt zu werden. Der Preis dafür ist u.a., dass sie schon vor längerer Zeit bewusst auf Kinder verzichtet hat. Kind oder Karriere scheint weiterhin die zentrale Entscheidung für Frauen als Führungskräfte zu sein.
Frauen sind nicht per se die besseren Führungskräfte. Aber Unternehmen, die Frauen auch in höhere Ebenen als Führungskräfte einsetzen, sind nachgewiesenermaßen erfolgreicher!
Ob jedoch Frauen in der obersten Liga mitspielen können, liegt auch daran, ob Männer ihre Verantwortung für die Familie ernst nehmen:
Echte Chancengleichheit bei der beruflichen Karriere von Frauen und Männern gibt es erst, wenn die Verantwortung für die Familie (nicht nur die finanzielle!) mit gleicher Selbstverständlichkeit auch den Männern zugeschrieben wird, wie derzeit den Frauen!
Dass diese Chancengleichheit, als Frau in hohe Führungspositionen zu kommen, bei weitem noch nicht erreicht ist, beweisen viele Studien und Statistiken. Leider braucht es nicht nur die in Österreich kürzlich gesetzlich festgelegte Quote für einen – nur – 30-prozentigen Frauenanteil in Aufsichtsräten.
Sieben Dimensionen sind zu bedenken, wenn Frauen erfolgreich führen wollen:
1) Frauen, nehmt eure Macht bewusst an!
Wer ein deutliches JA! zur eigenen Führungs- und daher auch Machtposition sagt, steht zu ihrer Position und Verantwortung. Dieses innere JA! schafft Klarheit und Orientierung für die anvertrauten MitarbeiterInnen. Zugleich verhindert es das unkontrollierte Mitmischen von „Schattenkanzlern“.
Die Führungsposition bewusst anzunehmen zeigt sich auch in einer geerdeten und aufrechten Körperhaltung, einem direkten und geraden Blick und einer ruhigen, klaren und entspannten Stimme. Wenn Frauen JA! zu ihrer Führungsverantwortung sagen, wissen sie um die Konsequenzen: weniger Zeit für originär fachliche Tätigkeiten, doppelte Balance nach oben und unten in einer „Sandwich-Position“. Und die Einsamkeit der Spitze verlangt, in Freundschaften, Familie, Natur und Spiritualität bewusst und selbst-verantwortlich Kraftquellen zu pflegen.
2) Frauen, achtet auf eure inneren Bilder!
„Pass auf, was Du denkst, es könnte wirklich werden!“
Während Männer nachgewiesenermaßen sich und ihre Kompetenzen oft überschätzen, „verkaufen“ Frauen sich und ihre Fähigkeiten zu oft unter ihrem Wert. Schwache Bilder von sich selbst und destruktive Denkmustern schwächen und bewirken kaum, von anderen auf verantwortungsvolle Positionen gewählt zu werden.
Ein gutes Selbstbewusstsein und innere Freiheit fördert die Fähigkeit, humorvoll und entspannt zu sein. Diese Haltung wirkt auf das Bild der wertvollsten Ressource eines Unternehmens: die MitarbeiterInnen. Ihnen mit Vertrauen, Wertschätzung und Aufmerksamkeit zu begegnen stärkt die persönliche Autorität als Führungskraft.
Das vertrauende Wissen, in einen größeren Horizont eingebunden zu sein, stärkt dazu die Fähigkeit, mit Fehlern menschenfreundlich und konstruktiv umzugehen. Haltungen, die eine selbstbewusste Führungsperson auch bei ihren MitarbeiterInnen Respekt einbringt.
3) Frauen, lernt verschiedene Führungssprachen!
In den – weiterhin hauptsächlich von Männern besetzten – Führungsetagen herrscht eine eher männliche Sprache: mit tiefer, lauter Stimme und raumgreifenden Bewegungen wird Klartext gesprochen. Direktiv und leistungsorientiert zu führen ist der vorherrschende Führungsstil, der eher als männlich wahrgenommen wird. Eine coachende, beziehungsorientierte Führungssprache wird eher als weiblich interpretiert und deshalb zu oft abgewertet. Wollen Frauen sich als Führungskraft behaupten, ist es klug, die gesamte Klaviatur unterschiedlicher Sprachen und Führungsstilen zu beherrschen.
Beteiligungsorientiert, partizipativ zu führen fördert z.B. die Bereitschaft, die Konsequenzen der Entscheidungen gemeinsam zu tragen. Die MitarbeiterInnen werden es ihnen danken. Und der Erfolg wird ihnen Recht geben.
4) Frauen, kennt eure Grenzen!
Dass Führungsarbeit sehr anstrengend ist, zeigen die hohen burn-out-Raten. Da gerade Frauen zu oft über ihre Grenzen zu gehen gelernt haben, ist es umso wichtiger, den Akku regelmäßig aufzuladen. Achtsam zu sein gegenüber den – auch zyklisch wechselnden – Belastungen von Psyche, Körper und Beziehungsnetzwerken zeichnet eine verantwortungsvolle Führungskraft aus. Mit Pausen den Arbeitstag klug zu unterbrechen, regelmäßige Erholungszeiten und offline-Tage einzulegen, regelmäßig Platz für Freundschaften, Familie und Urlaube zu schaffen zeigt, dass frau den Laden im Griff hat.
Dass schlechte Kommunikation oder organisationsinterne Rahmenbedingungen der strukturelle Grund sein können, die eigene Belastung nicht dauerhaft auf ein gesundes Maß regulieren zu können, sind Fragen, die mit den Vorgesetzen reflektiert werden sollen. Über Führung in Teilzeit wie auch Modelle geteilter Führung nachzudenken, sollte in Zeiten agiler Führung nicht mehr nur für Frauen in Führungsverantwortung attraktive Stellenangebote auszeichnen.
5) Frauen, kennt eure Quellen der Macht!
Erfolgreiche Führungsfrauen haben nicht nur eine hohe fachliche Kompetenz, sie wissen auch, wie ihre MitarbeiterInnen geführt werden wollen. Erfolgreiche Führungskräfte wissen außerdem um die Wichtigkeit, nicht hauptsächlich über die Position, sondern über die persönliche Autorität gestaltend zu wirken. Um als Person in Balance zu leben sind daher Herzens- und Persönlichkeitsbildung für eine Führungskraft ebenso wichtig wie Managementtools.
Trotzdem gibt es die gläserne Decke, die Frauen – trotz aller Qualifikationen und Anstrengungen – von den wirklich hohen Positionen fern hält. Quotenregelungen verweisen darauf: Männer fördern eher Männer, denn die gläserne Decke kann nur von oben, also vorwiegend von Männern durchbrochen werden. Für Frauen ist es daher umso wichtiger, Netzwerke zu knüpfen und zu pflegen. Sowohl Netzwerke mit Frauen wie auch gemischtgeschlechtliche Netzwerke.
6) Frauen, wehret den Mehrfachbelastungen!
Gerade wenn Frauen Familienverantwortung übernehmen, sind Mehrfachbelastungen fast normal. Gesellschaftliche Denkmuster und traditionelle Rollenbilder verstärken die Voraussetzungen, dass Familienarbeit fast automatisch bei Frauen hängen bleibt. Strukturelle Rahmenbedingungen auf Ebene der Politik wie auch der Unternehmen einzufordern, ist daher Verantwortung von Männern wie von Frauen. Es geht – für Männer wie für Frauen! – um ausreichende Kinderbetreuungsplätze, familienfreundliche Sitzungszeiten, gleiche Bezahlung für gleiche Leistung, familienfreundliche Arbeitszeit- und Führungsmodelle, pensions- und karrierefördernde Interpretation von Erziehungs- und Pflegezeiten etc. Frauen in Führungspositionen brauchen außerdem Männer, die – sowohl im Unternehme wie auch in der Familie – ihre Care-Pflichten ernst nehmen.
Mehrfachbelastungen erleben Frauen aber auch mit Blick auf ihre Körperlichkeit. Eine Frau in Führungsposition soll nicht nur klug, erfahren, durchsetzungsfähig und verhandlungssicher sein, sie soll auch hübsch sein. Nur schön zu sein und mit einem Dauerlächeln auf sich aufmerksam machen zu wollen, schadet Frauen. Äußere Schönheit verführt (Männer) dazu, die fachlichen Qualifikationen weniger wahrzunehmen. In diesem Spannungsfeld zwischen der Freude an der eigenen Schönheit und der Lust an der eigenen Klugheit gekonnt zu balancieren, ist für Frauen in Führungspositionen oft eine Mehrfachbelastung, immer jedoch eine besondere Herausforderung.
7) Kind oder Karriere – die alles entscheidende Frauen-Frage!
Während Männer ihre privaten Freiheiten gerne für die berufliche Karriere zurückstellen oder eine Frau haben, die ihnen den Rücken frei hält, knickt die Karriereleiter von Frauen spätestens bei der Frage: Kind oder Karriere. Die Frage „Familie oder Beruf?“ kann heute meist mit einem „und“ beantwortet werden.
Bei der Frage, ob eine Frau Führungsposition die Verantwortung für (ein oder mehrere) Kinder übernehmen kann, zeigt sich, dass die – oben erwähnten – gesellschaftlichen Stereotypen meistens noch sehr stark wirken: Hinter erfolgreichen Frau steht nämlich normalerweise nicht ein starker Mann, der für sie kocht, putzt, sich selbstverständlich Pflegeurlaub nimmt, zum Elternsprechtag geht, die Kindergeburtstage organisiert, die eigenen Eltern pflegt oder sich in der Nachbarschaft engagiert.
Wenn eine Frau Karriere macht und Kindern bekommen will, muss sie – wie die Bundeskanzlerin zu ihrer Zeit – sich auch heute fragen, ob sie den dafür passenden Mann an ihrer Seite hat.
Frauen führen erfolgreich?
Was braucht es, um mit mehr Selbstverständlichkeit erfolgreiche Frauen in der Führungsetage von Unternehmen, Organisationen und auch Regierungen zu erleben?
Es braucht gesellschaftliche Bewusstseinsbildung für die zu verändernden Denkmuster – bei Frauen wie bei Männern. Veränderungen im Denken und in den Rollenbildern führen dazu, die nötigen Strukturen und Rahmenbedingungen zu schaffen. Erst diese ermöglichen, dass beide, Männer wie Frauen, bei Lohngerechtigkeit und Care-Gerechtigkeit in solidarischer Gleichberechtigung ihre Chancengleichheit bezüglich Karriere nützen können. Denn echte Chancengleichheit bei der beruflichen Karriere von Frauen und Männern gibt es erst, wenn die Verantwortung für die Familie (nicht nur die finanzielle!) mit gleicher Selbstverständlichkeit auch den Männern zugeschrieben wird, wie derzeit den Frauen!
Dieser Blog ist die gekürzte Fassung des Vortrags „Frauen führen erfolgreich“ vom April 2019 im FrauenSalon des Bildungshauses Batschuns.
Autorin
MMag.a Dr.in Magdalena M. Holztrattner MA, Direktorin der ksoe, Sozialethikerin, Führungskräfteentwicklerin