CO2-Dividende statt CO2-Steuern?

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Sobald von einer CO2-Steuer als notwendiges Steuerungsinstrument gegen die Klimakrise die Rede ist, wird von vielen sofort die Sozialverträglichkeit und die Gefahr für das Wirtschaftswachstum ins Spiel gebracht und damit ein weiteres Nachdenken über diese „wirklichkeitsferne Idee“ abgestoppt. Dass es das schon erprobte Konzept der CO2-Dividende gibt, das diese befürchteten Folgen vermeidet und sogar positive Auswirkungen auf diese Bedrohungen hat, scheint meist nicht bekannt oder dessen Umsetzung nicht für möglich erachtet.

Also sprach Robert Musil:
„Wenn man gut durch geöffnete Türen kommen will, muß man die Tatsache achten, daß sie einen festen Rahmen haben: dieser Grundsatz ist einfach eine Forderung des Wirklichkeitssinns. Wenn es aber Wirklichkeitssinn gibt, und niemand wird bezweifeln, daß er seine Daseinsberechtigung hat, dann muß es auch etwas geben, das man Möglichkeitssinn nennen kann. Wer ihn besitzt, sagt beispielsweise nicht: Hier ist dies oder das geschehen, wird geschehen, muß geschehen; sondern er erfindet: Hier könnte, sollte oder müßte geschehen; und wenn man ihm von irgendetwas erklärt, daß es so sei, wie es sei, dann denkt er: Nun, es könnte wahrscheinlich auch anders sein. So ließe sich der Möglichkeitssinn geradezu als die Fähigkeit definieren, alles, was ebensogut sein könnte, zu denken und das, was ist, nicht wichtiger zu nehmen als das, was nicht ist.“

Ich halte es für möglich:
Die Politik und die Medien begreifen, dass Steuern ausschließlich dazu da sind, gemeinschaftliche Bedürfnisse zu befriedigen.

Ich halte es für möglich:
Die Politik und die Medien begreifen, dass das Kaufverhalten von Organisationen sowie von uns Menschen wesentlich von den Preisen der angebotenen Waren und Dienstleistungen beeinflusst wird.

Ich halte es für möglich:
Die Politik und die Medien begreifen, dass eine Zivilisation, die exponentiell wächst, früher oder später an Wachstumsgrenzen stößt und kollabiert.

Ich stelle mir vor:
Mutter Erde und die Sonne verlangen für alle Ressourcen, die sie uns zur Verfügung stellen, einen Preis. Der Preis ist umso höher, je knapper die Ressource und je schädlicher deren Gebrauch für die Natur ist – von der wir Menschen ja ein Teil sind. Die Sonne ist dabei sehr großzügig und gibt uns ihre Energie gratis, denn diese reicht noch viele Millionen Jahre – Tendenz sogar ganz langsam steigend.

Mutter Erde hingegen sieht das anders. Viele Millionen Jahre hat sie darum gerungen hat, einen Gleichgewichtszustand zu erreichen, in dem die Kohlenstoffdioxid-Konzentration in der Atmosphäre weder mehr noch weniger wird und somit die Natur florieren kann. Sie hat die letzten 250 Jahre geduldig beobachtet, wie wir Menschen immer mehr Kohle, Öl und Gas aus ihr herausgeholt und verbrannt und dadurch die Atmosphäre mit immer mehr Kohlenstoffdioxid angereichert haben. Zunächst hat Mutter Erde sich sehr bemüht, dieses viele Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre in ihren Ozeanen und Wäldern zu speichern. Aber was zu viel ist, ist zu viel. Wenn sich bei den Menschen der Verbrauch nur durch hohe Kosten eindämmen lässt, dann gibt’s Kohle, Öl und Gas eben nicht mehr zum Nulltarif sondern ausschließlich zu sehr, sehr hohen Preisen oder gar nicht – so Mutter Erde.

Ich stelle mir vor:
Mutter Erde interessiert sich nicht für Geld und delegiert die Angelegenheit an weise Politikerinnen, die ihren Unmut verstehen. Aber sie trägt diesen Politikerinnen eine Bedingung auf: Was an Geld, das die Unternehmen für das Fördern von Kohle, Öl und Gas bezahlen müssen, eingenommen wird, soll an alle Menschen zu gleichen Teilen verteilt werden. Nicht an Unternehmen, nicht an Staaten, auch nicht an NGOs sondern nur an die Menschen, egal welchen Alters – so Mutter Erde.

Ich halte es für möglich: die weisen Politikerinnen verstehen intuitiv Mutter Erde – so von Frau zu Frau. Daher nennen sie diesen Preis für Kohlenstoffdioxid nicht Steuer sondern CO2-Preis und schütten an alle eine CO2-Dividende aus, da Mutter Erde in ihrer Großzügigkeit auf das Geld verzichtet und es allen Menschen schenkt.

MUTTER ERDE SEI DANK.

Autor

Christoph E. Mandl

Dr. Christoph E. Mandl
Privatdozent an der Universität Wien, als selbstständiger Unternehmensberater in den Bereichen Energie-, Klima- sowie Technologie- und Innovationspolitik tätig, Facilitator des „Climate Action Role-Play Game“ https://www.climateinteractive.org/tools/climate-action-simulation/

Literatur

Klaus Willemsen: CO2-Dividende als Kopfpauschale. Telepolis 26. Januar 2019 www.heise.de/tp/features/CO2-Dividende-als-Kopfpauschale-4278629.html
Europäische Bürgerinitiative: Klimawandel schnell, fair und wirksam stoppen. Europäische Union 6. Mai 2019 https://europa.eu/citizens-initiative/initiatives/details/2019/000006_de